Ich hasse es, wenn mich Menschen, die nur sich sehen, maßregeln und belehren wollen.
Nach 2 Stunden Chemotherapie und sowieso mit meiner rechtsseitigen Ataxie deutlich eingeschränkt, ist mir genau das passiert.
Schon lange bin auf Hilfsmittel wie den Rollator angewiesen, weil ein Gehstock nicht mehr reicht und ich ohne beidseitiges Festhalten keinen einzigen Schritt mehr gehen kann. Seit Jahren erlebe ich bei vollem Bewusstsein eine stetige Verschlechterung der Motorik und Kraft, was bei jeder Bewegung, auch beim Gehen am Rollator, leider sehr deutlich zu sehen ist. Neben dem Bein ist die Ataxie des rechten Armes z.B. so stark, daß ich ihn nicht mehr richtig steuern kann, z.B. auch nicht mehr mit rechts Schreiben kann. Durch das ständige Kompensieren meiner Ausfälle bin ich, neben anderen Gründen, in der Belastbarkeit deutlich reduziert und schwach. Trotzdem habe ich ja auch zusätzlich alle Nebenwirkungen, die Therapie halt so mit sich bringt, und der Alltag sowieso muss trotz aller Einschränkungen irgendwie bewältigt werden. Jetzt hören meine Erklärungen aber auf, obwohl ich mich nicht rechtfertigen muss, insbesondere nicht für das, was dann geschah:
Nach der Chemotherapie musste ich also noch eine Überweisung abholen.
Dafür muss man immer in einem Vorzimmer vor dem onkologischen Tresen warten, bis man dran ist. Manche Patienten wollen auch zum Tresen, manche warten auf etwas anderes, manche stehen, manche sitzen.
Ich komme also da rein und frage "Wer war der letzte für den Tresen?". Als die Reihenfolge klar war, habe ich mich wegen meiner Defizite hingesetzt. Als ich da saß und wartete, kam ein Mann und stellte sich an den Tresen, ohne die anderen Anwesenden zu beachten, an.
Ich: "Ich bin vor Ihnen dran, an den onkologischen Tresen zu gehen. Sie müssten bitte warten, bis ich fertig bin." Er erwiderte sinngemäß "ah, dahin wollte ich gar nicht "und ging weg.
Eine an der Situation unbeteiligte Frau, die schon da war und mich ausgiebig gemustert hatte, als ich ins Vorzimmer kam, daraufhin zu mir: "Stellen Sie sich gefälligst an, wenn Sie an den Tresen wollen." Ich: "Ich bin so krank und eingeschränkt, dass das nicht geht, das sehen Sie doch." Sie: "Das sieht man nicht." Ich:"Doch, das können Sie sehen, ich habe einen Rollator, gehe schlecht und bin auf ihn angewiesen." Sie: " Hier gibt es viele mit Rollator, alle sind hier krank, nehmen sie sich nicht so wichtig, ..."
Aggressiv und belehrend ergossen sich in der Folge prinzipielles und bekanntes über onkologisches Klientel über mich. Leider ließ sie jedes Verständnis für alle Menschen, die schlimmer eingeschränkt sind als sie, dabei vermissen. Sehr deutlich war, daß sie egoistisch nur auf sich sah.
Unter wirklich kranken Menschen herrscht normalerweise ein höflicher, rücksichtsvoller, verständnisvoller Ton und es wird differenziert angeschaut, wer was braucht. Niemand nimmt sich und seine Belange wichtig. Niemand wird beschämt. Niemand belehrt eine/n MitPatienten/In. Alle sind, wenn auch gezwungenermaßen, bescheiden und froh, wenn ihre Gesundheit nicht so schlimm angegriffen ist. Und man trifft immer auf Menschen, die schlimmer betroffen sind, als man selbst.
Ich habe also auf ihre Tirade erstmal nichts erwidert und sie über mich ergehen lassen.
Das ganze sagt ja mehr über sie als über mich.
Als ich dann dran war, konnte ich mir leider nicht verkneifen zu ihr zu sagen: "Seien Sie nicht so selbstgerecht!" Narzissmuss- like konnte sie das natürlich nicht stehen lassen und musste etwas erwidern. Eigentlich hätte man noch viel mehr zu ihr sagen müssen, aber ich wollte meine Kraft nicht weiter verschwenden und mich auf weitere sinnlose Kämpfe einlassen.
Trotzdem bin ich stolz wie "Bolle", daß ich mich nicht in ihr Spiel verwickeln ließ und mich sehr maßvoll gewehrt habe.
Unter'm Strich bleibt: Wer kennt diese narzistischen "Schätze" nicht.

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