Ich war tagelang geschockt.
Bei der Kontrolle im Schädel-MRT wurde vor allem eine Vergrößerung und "Unruhe" in den bekannten Gebieten gefunden.
Es wird eine Bestrahlungsfolge vermutet, aber eine fortschreitende Metastasierung wird nicht ganz ausgeschlossen.
In 6 Wochen soll ich eine erneut Kontrolle haben.
In den letzten Wochen war mir immer wieder leicht schlecht, ich hatte latenten Knopfdruck, Verspannungen des Nacken-Schulter-Bereiches und eine phasenweise Verschlechterung meiner Ataxie und dann war, wie von Zauberhand, wieder alles weg, alles wie immer. Eine schwere Zeit.
Mein Brustkrebs vor fast 10 Jahren hatte die Merkmale: Her2 neu positiv +++, ER positiv 70% , PR positiv 60%, KI67 20 %; meine Hirnmetastase hatte fast denselben Befund. Sie war nur PR negativ und erfüllte die Kriterien für luminal B. Ich weiß inzwischen, dass Hirnmetastasen in bis zu 50 Prozent der Fälle bei der Kombination des Primärtumors auftreten können.
Inzwischen hat sich das Behandlungsschema bei Erstdiagnose geändert. Prinzipiell eine gute Nachricht, aber nicht hilfreich in meiner jetzigen Situation. Sich intensiv mit "hätte, wäre, wenn" auseinanderzusetzen, hilft mir sowieso auch nicht.
Gegen ein Hirnödem bei Bestrahlungsfolge könnte man off label Avastin-Infusionen einsetzen. Das ist besser verträglich als das sonst nebenswirkungsreiche, übliche hochdosierte Kortison, aber auch Avastin macht auch Nebenwirkungen. Ich hatte bereits zweimal eine Behandlungsserie und weiß darum. Das erstmal habe ich es in der Kombination mit Kadcyla gehabt.
Gefühlt ist Avastin alleine aber natürlich besser als Kortison oder schon wieder eine Chemotherapie. Ich hoffe halt das beste und lenke mich ab.
Tatsächlich habe ich festgestellt, daß ich mich wieder mehr in den Mittelpunkt stelle.
In der Wartezeit hat eine Mitstreiterin, die immer sehr tapfer und positiv ihre Krankheit ertragen hat, folgendes geschrieben:
Ich hadere mit meinem Schicksal. ... nichts bildet sich zurück. ... mir fällt es immer schwerer, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass es besser werden könnte. Jetzt kenne ich auch das Gefühl, wie es ist, wenn jemand nicht neben einem im Zimmer liegen möchte. Gerade wollten sie mir eine junge Frau ins Zimmer legen, die eigentlich nur zum EEG kommt und keine Lust hat, mit einer Frau mit Behinderung und Toilettenstuhl im Zimmer zu sein. Das Alles trägt nicht wirklich dazu bei, dass es mir besser geht oder ich in irgendeiner Form gesund werden könnte. Ich würde gerne etwas Positives berichten aber das kann ich gerade leider nicht so wirklich.
Das gibt so vieles wieder, die Talfahrten, die jeder mit einer chronischen Krankheit immer wieder hat.
Ich habe darauf folgendes geantwortet:
... das kenne ich so gut. Die eigene Hilflosigkeit, wenn der Körper nicht richtig mitmachen kann und man ständig erleben muss, wie alles schlechter wird.
Bei mir hat man seit der Metastasierung bisher immer wieder etwas gefunden, dass es aufhörte oder wenigstens zum Stillstand kam. Aber die Zeit, bis das alles greift, ist die Hölle und ständig Geduld und Mut haben zu sollen nicht einfach, manchmal auch nicht machbar.
Ich habe in solchen Zeiten gelernt, daß es mir auch mal nicht gut gehen darf, meine schlechtem Gedanken in Ordnung sind und auch ihre Berechtigung haben. Und ich habe gelernt den Tag zu fragmentieren und achtsam wahrzunehmen, was gerade ist. Wenn ich zum Beispiel ein schönes Foto bekomme, dann freue ich mich darüber, wenn jemand etwas für mich gemalt hat, wenn jemand Zeit für eine Aufmunterung hatte, ... , dann habe ich das genossen und mir in anderen Zeiten nicht verboten, nicht auch mal mit dem Schicksal zu hadern. Ich habe einfach zugelassen, was gerade da war. Es gibt beides, alles hat seine Berechtigung und kann auch nebeneinander bestehen. Anders hätte ich das, glaube ich, nicht ausgehalten. Heute noch greife ich bei Bedarf darauf zurück, aber ich muß mich auch immer mal wieder daran erinnern.
Am Donnerstag kommt eine liebe Freundin bei mir zu Besuch, die mein aktuelles Ergebnis kennt, und wir werden nur Sachen miteinander machen, die dann dran sind, auch wenn es oberflächlich erscheint. Vermutlich werden wir eine gute Zeit miteinander haben. Auf jeden Fall freue ich mich auf sie.
Daß mit der anderen Patientin ist doof, begegnet einem leider immer wieder und man könnte so vieles dazu sagen. Spontan fiel mir ein ihr zu sagen: sei froh, daß Du das nicht hast und reiß Dich zusammen, Du bekommst nur ein EEG. Natürlich wird ihr das nicht gerecht, aber sie hat auch eine Chance verpasst, Dich kennenzulernen. Du machst das alles nämlich echt gut und bewundenswert. Gleichzeitig zeigt es mal wieder, wie wichtig es ist, daß uns Menschen umgeben, die unsere Situation auch verstehen und vernünftig damit umgehen können.
Jetzt habe ich ganz viel von mir geschrieben. Ich habe immer Sorge, daß Du Dich dann nicht gesehen fühlst, aber es war mir ein Bedürfnis, Dir das alles zu schreiben.
Denk dran: Du bist nicht allein!
Wenn deine Hoffnung gerade mal nicht da ist, andere hoffen und beten für Dich!!! Schön, daß Du die Kraft hast, uns wissen zu lassen, wenn Du auch mal trübe Tage hast, damit wir etwas dagegen tun können ...
Meine Antwort fasst auch meine aktuelle Strategie zusammen.

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